Alex hat zum monatlich stattfindenden Kleidertausch gerufen – am neuen Standort im Institut für ganzheitliche Lebensführung!
Grundsatzfrage: Wie passen Spiritualität und tabu-loses Klamottentauschen zusammen?
Denn Kama (ja richtig geschrieben: ohne „r“ in der Mitte), so der Name des Vereins, steht für Liebe, das Angenehme und das Sinnliche, der Kleidertausch steht für lustige Atmosphäre, interessante Typen und Charaktere sowie dem emsigen Bestreben, Frustkaufklamotten und Passt-mir-nicht-mehr-Gewand auf charmante Art und Weise „loszuwerden“.
Passt irgendwie zusammen oder?
die Adresse: gleich neben einer U-Bahnstation (gut für mich!), im Erdgeschoss (auf jeden Fall sehr praktisch, denn Koffer und/oder Mega-Sack wiegen immer schwer!!!),
ein großer Raum mit viel Platz, für diesen Anlass mit Bestuhlung, ansonsten wohl mit Yogamatten und Relax-Pölstern ausgelegt,
an einer Wand ein Bild der 7 Chakren, an einer anderen Klimt´s Kuss-Bild – wie passt das zusammen?
ein Vorraum, wo wir unsere Schuhe ausziehen müssen und allenfalls gegen quietschende Saunapatschen tauschen können,
ein Badezimmer mit zwei WCs und offenen Duschen – also so ganz ohne Männlein-/Weiblein-Trennung?!?
eine Küche, in der sich ab 19 Uhr Zug um Zug alle einfinden – und gleich über Prosecco, Bier und die wie immer nett hergerichteten Snacks stürzen.
Auch ich kann nicht widerstehen!
Es geht erst um 20 Uhr los, wir sind an diesem Abend knapp 20 Damen – bis auf 3 kenne ich mittlerweile schon alle.
Das legendäre Tuch im Animalprint, auf dem die „Will-keiner-Kleidung“ landen wird, leuchtet frisch gewaschen und schwebt auf dem glatten Parkett dahin.
Für die „Neuen“ werden nochmals schnell die Spielregeln erklärt –
Nicht unwesentlicher Einführungssatz von Alex: Wenn sich 5 für ein Kleidungsstück begeistern, wird es aber sehr wahrscheinlich nur einer wirklich passen, im Sinne von Charaktertyp, Farbtyp und Figur.
Und: Gebt den Neuen die Chance!
Die ersten Teile werden aus der Tasche gezogen und angepriesen – und tatsächlich halten sich die „Alten“ auch zurück.
Die Zurückhaltung währt aber nicht sehr lange – schon kann ich fast voraussagen, wer „Ich“ rufen wird.
Auch an „Tanzkarten“, also diejenigen, die zu langsam waren, aber auch „gerne haben würden wollen“, mangelt es nicht — dazu später nochmal!
Ich entdecke zwei, drei Kleidungsstücke, die ich „vor irgendwann einmal“ zum Kleidertausch mitgebracht habe – da kommt fast ein wenig Wehmut auf, aber zurück haben möchte ich das eine Kleid mit dem breiten Türkisstreifen nicht mehr!
Ich schnappe mir 4 Teile – ein Kleid, zwei Oberteile und eine Hose -, die ich gerne meiner Mutter mitbringen würde (Anmerkung: Alles passt – alles gefällt!).
Pause!
Nachdem ich noch nichts für mich ergattert habe und mit meinen Sachen noch nicht dran war, hole ich mir noch ein Gläschen und beobachte ein wenig die Drängelei vor dem (einzigen) schmalen Spiegel, während die ersten Beutestücke probiert werden.
Alex hatte mit ihrer Ansage 100 % Recht: Ein und das selbe Kleidungsstück wirkt an jeder Frau komplett anders. Ich würde gerne der einen oder anderen einen Tipp geben, aber das steht mir nicht zu. Alex mischt sich allerdings gekonnt ein, wenn ein bestimmter Farbton nicht zur Person passt, diese es aber fast trotzig mit nach Hause nehmen möchte: Behalte es, aber bitte färbe es um!
Es gibt natürlich auch Frauen, die ihre Anprobe lieber auf die eigenen vier Wände verlegen – das kann ich auch gut nachvollziehen, aber zumindest die mit „Tanzkarte“ behafteten Teile sollten während der Kleidertauschparty anprobiert werden, damit die Zweitgereihten auch eine Chance bekommt. Denn nicht jede ist bei jeder Kleidertauschparty dabei!
Ich selbst habe heute im Reisekoffer eine bunte Mischung aus allen Jahreszeiten dabei – schön, dass alles eine Abnehmerin findet!
Die Stimmung ist sehr gut, fröhlich und strebt dem Höhepunkt zu, als …:
Eine junge zierliche Teilnehmerin zieht aus ihrer Tasche ein weißes Spitzenkleid mit den Worten: Das Kleid für die spontane Hochzeit!
Ein paar Minuten vergehen, als eine andere aus ihrer Tasche ein schwarzes Hängerkleidchen zieht – es reagiert sofort jemand mit: Das Kleid für das spontane Begräbnis!
Ausgelassenes Gelächter!
Dann aber noch „mein persönliches Highlight“: Kristin, die früher laut ihren Erzählungen rötlich gefärbte Haare hatte und sich deshalb brav in Herbsttönen kleidete, hat während Corona (wie so viele andere Frauen auch) das Färben sein lassen und steht nun zu ihrer natürlichen Haarfarbe, die sie aber zu einem ganz anderen Farbtypen macht — Frage am Rande: Die Haarfarbe allein macht doch nicht den Farbtypen aus? Spielen da nicht auch Teint und Augenfarbe mit? — Wie auch immer: Kristin hat ein paar wunderbare – noch nie getragene (!!) – Kleidungsstücke mitgebracht (eben auch während Corona online bestellt und dann nie getragen): Ich bin sehr happy mit dem kurzen dunkelgrünen Jackerl von einem mir bis dato unbekannten spanischen Modelabel!!!
Die Party nähert sich dem Ende – alle sind offensichtlich sehr zufrieden, entspannt, gut gelaunt – also 100% KAMA!
Ich kümmere mich wieder um die „Will-keiner-Klamotten“ und lege sie zusammen. Bei dieser mich zufriedenstellenden Tätigkeit sticht mir eine Jeans ins Auge, die mich förmlich anfleht, dass ich sie probiere. Ich uns Jeans sind ja nicht so ganz die besten Freunde, weil sich meine Beine hier oft wehren, sich quasi aufblähen, damit ich nur ja nicht hineinpasse! Diese aber, diese passt! Sie ist in einem dunklen Blau, ist nur knöchellang, hat einen niedrigen Bund, der Reißverschluss geht zu, die Pobacken schmiegen sich an – wem verdanke ich diese Sisley-Jeans?
Am Wochenende habe ich beide Teile gleich mit einem einfachen weißen T-Shirt und meinen auffälligen Sneakers vorgeführt – und sogar ein Kompliment von meinem Vater bekommen!
Das KaRma hat es somit sehr gut mit mir gemeint! 😊