2 Tage danach- und es fühlt sich gut an! Verrückt oder? aber so bin ich halt ab&dann – Bodo nennt es: schrullig!
Aber alles mal der Reihe nach: seit Anfang dieses Jahres hing mein persönlicher (weil leicht adaptierter) 14-Wochen-Trainingsplan. 14 Wochen! Das klingt anfangs urlang, vor allem, wenn es in der Früh um 6 Uhr stockdunkel ist und ich mir für den Lauf im Prater sogar eine Stirnlampe bei den Crazy-Days bei amazon erwerbe … die mir dann so gut den Weg ausleuchtet, dass ich glatt vom normalen Weg abkomme … Jedenfalls habe ich das Training annähernd brav und konsequent durchgezogen – vor allem, was die Laufdauern betrifft; eher negiert habe ich, was GAT1, GAT2, GAT3 betrifft – ich mag mich nicht von der Pulsuhr drangsalieren lassen und Intervall am Laufband ist so gar nicht meins – ich muss draußen schwitzen – je kälter desto besser …. ich sollte mich für den Nordpol-Marathon qualifizieren (was der MoneyMaker kann, sollte Lucia schon allemal durchstehen!)
Ich habe seit dem letzten Herbst mehr Laufschuhe als „schöne“ Schuhe erworben: der Aktionskauf vom Herbst war – trotz Saucony – nicht gut gewählt: wenn ich ehrlich bin, war mir das Rein-Weiß mit einem Hauch von Neon an den Schuhbändern zu fad – genauso haben sich meine Füße beim Laufen angefühlt. Daher der Griff zu zwei Paar ähnlich neongelben Wettkampfschuhen, von Asics bzw. Saucony (sie unterscheiden sich quasi nur an der Farbe der Schuhbänder, sind aber unterschiedlich geschnitten, also nix mit Schuh-Mix) – 2 Wochen vor dem Marathon damit zu trainieren, ist sicher ein Risiko, aber meine beiden Füße haben sich rasch angefreundet, auch mit den Luftlöchern in der Sohle – das wird zum nassen Spassfaktor, wenn man gänzlich unvorbereitet mit Schneematsch in Berührung kommt – und ich kann nur sagen: diese Berührung ist sehr intensiv und lässt dich nicht mehr locker, bis du daheim dann klitschnasse Socken von den Füßen zupfst!
Die 14 Wochen vergingen genauso schnell wie der diesjährige Winter beharrlich war: die ganze Zeit über lange Tights, 2 Lagen langärmelige Shirts mit langen Ärmeln, um die kalten Hände zu wärmen, Bandeau zum Stirnband gedreht oder als Haube aufgerollt. Und dann: von einem Tag auf den anderen wird´s warm und wärmer … und meine Panik wächst mit jedem Grad, denn zu sehr sind mir die beiden Male, als ich wegen Hitze und Dehydrierung kollabiert bin und mit der Rettung das Ziel erreicht habe, in Erinnerung! Bodo beruhigt mich: es wird nur 14 Grad haben, sonnig bis wolkig, leichter Wind – nun gut, ich versuche, mich darüber zu freuen, schaue mir am Tag vorher noch einen Beitrag über Extremläufer in der Wüste Gobi an und die zwei Brüder Moretti & Bloeb auf ihrem Weg Paris-Dakar – das (!) ist mentale Stärke!
Samstags natürlich noch der Fashion-Check für den großen Lauf: kurze Kompressionstight, die vom vielen Schwitzen bei diversen Runs an ungünstigen Stellen Spuren aufweist. Deshalb ziehe ich noch eine hautdünne blitzblaue Tight drüber – auf der Marathonmesse erstanden. Meine Befürchtung, dass sie sich beim Laufen hochwuzzelt, ist nicht ganz unbegründet – daher besser: keine Experimente beim Marathon! Oben drüber ein dunkelviolettes Sporttop von Reebock mit eingebautem „Rückenstärker“; auch dieses schon dem Grunde nach kampferprobt – zumindest hat sich schon ein gewisser Geruch eingenistet, der leider nicht mehr ganz raus geht – Bakterien sind halt stärker als jeder Schweiß. Am Kopf ein rotes Bandeau, das ich beim Lauf dann als Haube ausrolle – die Erinnerung an einen Sonnenstich lebt! Na ja, färbig so ganz optimal aufeinander abgestimmt ist das Outfit des 14.April 2013 leider nicht – fetziges Sport-Outfit findet leider erst langsam Einzug in die Damenwelt und vergreift sich leider nur zu oft im Geschmack – oder wer glaubt allen Ernstes, dass man gefärbelt und gemustert wie ein vom Aussterben bedrohter Papagei sportliche Betätigung welcher Art auch immer genießt? Auch hier zeigt sich dann, dass die meisten doch wieder zu schwarzen Tights greifen und allenfalls beim Oberteil Mut zur Farbe (wenn man von Farbe reden kann – manchmal ist´s an der Grenze zum Augenkrebs) bekennen. Bei Laufschuhen kann ich es ja noch verstehen – siehe meine Bemerkung oben zur Fadesse am Laufschuh – aber warum müssen Kompressionsstutzen an strammen Wadeln dann den Neon-Look weiterführen? Ich persönlich habe diesem Trend, die Waden einzuengen, abgeschworen – meine Waden (und davon ist viel da!) brauchen Luft, Luft, Luft!
So, jetzt stehe ich dann nach mehrmaligem Nervös-Pinkeln ziemlich ruhig am Start mit rd. 40.000 anderen Wahnsinnigen, die zum 30 Jahre Jubiläum die Jagd auf die Handvoll Kenianer eröffnen – ha, ein guter Witz: der schnellste ist bereits unter der Dusche, als die meisten „von uns“ gerade erst mal in die Gänge gekommen bzw. bereits schon wieder müde sind. Ich starte gerne weiter hinten – mit meinen Zeiten zwischen 3:45 und 3:35 ist es der grüne Block. Hier zu starten ist angenehmer, weil entspannter. Weiter vorne ziehen die Ehrgeizler davon und das ist mir einmal nicht gut bekommen: man wird da mitgerissen und läuft über seine persönlichen Fähigkeiten – nee, mach ich nicht mehr. Außerdem ist es für das Mentale sehr aufbauend, wenn man das Gefühl hat, an anderen Läufern vorbeizuziehen und zu überholen. Meine Füße fliegen, der Puls ist in einem guten Rhythmus; ich schaffe es – und das macht mich am meisten stolz -, dass ich die Sonne über meinem Kopf ausblenden kann, dass ich jede dunkle Wolke als Zwischengeschenk ansehe und – ja: und einfach laufe. Meine Beine wissen eh, was zu tun ist. „Oben drüber“ achte ich darauf, dass ich doch regelmäßig was trinke und ab km 15 meine Stärkung aus der Tube zu mir nehme. Der Angstfaktor Wienzeile Richtung Schönbrunn geht schnell vorbei, auch die erste Halbzeit ist gefühlt rasch um – da ich während des Trainings sehr oft 90 Min-Einheiten gelaufen bin, ist mein Körper daran gewöhnt. Mit Überraschung reagiert er dann meistens ab Minute 120 und vollkommen neu sind dann die Minuten > 180. Aber da mache ich mir einfach damit Mut, dass ich die Kilometer runter zähle: komm, es sind nur noch 7 … noch 5 und bei km 39, dort, wo´s dann meistens an der Grenze ist (weil man könnte da dann auch zu Fuß ins Ziel gehen), packe ich nochmal meine ganze Energie … 40, 41 – jetzt noch ein bisschen mehr Gas zu geben, fällt nicht leicht, vor allem, wenn man die Strecke kennt und weiß, dass es bis zum Ziel doch noch ein Stückerl ist …. 500 m können daher auch sehr lang sein! Aber endlich die Ziellinie, weitergehen, nicht stehen bleiben, die sehr schöne sternförmige Medaille entgegennehmen, zur Labestation weiterhumpeln, zum Treffpunkt mit Bodo torkeln – und dann, dann streiken meine Beine: zuerst krampft sich die rechte Wade zusammen, gerade so, als wäre sie beleidigt, dass es schon vorbei ist. Ich kann mich nur mit Hilfe auf die Erde nieder lassen, als die Krämpfe auch schon weitergehen: der Fuß, alles auch am linken Bein, auch die Oberschenkel! Ich getraue mich nicht mehr, mich auch nur irgendwie zu bewegen, lasse mir von Bodo Schuhe und Socken ausziehen, und er dehnt vorsichtig meine beiden tollen Weggefährten. Wasser, Magnesium, Banane – langsam beruhigt sich alles wieder und ich kann mich der nassen Sachen entledigen. Den Läufern rundherum geht es teilweise auch nicht anders: die Wiese im Volksgarten sieht aus wie ein open-Air-Lazarett nach einer schweren Schlacht. Trotzdem schwebt ein Hauch des Stolzes und der Erleichterung bei jedem mit: Year, ich habe das Ziel erreicht, habe dieses Mal nicht an meinem Tun gezweifelt und auch nicht daran: das ist mein letzter Marathon! Und als ich dann im VIP-Zelt meines Arbeitgebers als schnellste Frau der Erste Bank gekürt werde, ist es mir auch gänzlich egal, dass ich im Vergleich zum letzten Jahr ganze 4 Minuten auf der Strecke vertrödelt habe … ich weiß: das Intervalltraining geht mir ab!
So, was mache ich als nächstes? Jetzt mal mit Yoga den Körper langziehen und … ich habe schon wieder Lust, in meine neonfärbigen Laufschuhe zu steigen – ohne Laufen bin ich es nicht!