Laufen ums nackte Leben

Keine Angst – es ist mir nichts passiert. Ich bin nicht auf der Flucht vor lahmen Fußballern, die in etwa genauso schwitzen wie ich. Allerdings stehe ich eher im Abseits als im Strafraum. Ach ja – alles dreht sich derzeit um den kleinen weißen Dalmatinerball, heiße Höschen und weinende Helden.

Wenn Brasilien noch schläft – oder noch nicht schlafen gegangen ist – schlüpfe ich in mein heißes Höschen, meine ausgelatschten Laufschuhe und bewege meine noch müden Muskeln Richtung städtische Waldpfade, die normalerweise dem morgendlichen Pferdeauslauf vorbehalten sind. Aber da ich laut chinesischem Horoskop ein Pferd, nein sogar ein Doppelpferd bin, steht auch mir das Recht zu. Nur, wo Pferde, da auch Pferdeäpfel der besten Güte. Die Natur dankt´s – und die Nackt-Schnecken auch, denn sobald ein Pferd Hafer-/Heu-Ballast in Knödelform abwirft, erklimmen diese so ungeliebten Kreaturen in zeitlupenartigem Schleichspurt das Endprodukt eines wohldurchdachten Metabolismus. Für mich wird´s jetzt dann aber haarig, denn ich stehe vor der Wahl: verschonst du das eine oder andere Leben, auch wenn es dir dabei eklig-gruselig über den Rücken streicht oder pfeifst du auf das langweilige Leben dieser niedrigen Kreaturen und nimmst dir ein paar Teile davon in deinem Sohlenprofil mit. Ich glaube, meine Entscheidung wird nicht überraschen: ich wähle die erste Variante, ich tänzle mit tief gerichtetem Augenwinkel über jeden einzelnen bräunlich-länglichen Schleimfaden auf der feuchten Erde hinweg- ein Parcours der besonderen Klasse – ein Lauf ums nackte Leben.