Besen-Meditation

Gründonnerstag 2016. Liturgie in der Kirche zu St. Elisabeth im 4.Bezirk. Eine Idee des neuen mitreißenden und aufgeschlossenen Pfarrers, der zudem zu unseren Freunden zählt: jeder kann sich in einem Formular zu kleineren Aufgaben eintragen, die er/sie in der Pfarre verrichten würde wollen. Bodo und ich sind zwar im 3.Bezirk angesiedelt. Macht nichts – Grenzen, auch Bezirksgrenzen, werden niedergelegt, wenn es um eine gute Tat geht. Ich melde mich für den Putz- und Räumtag im September.

Gründonnerstag war im Frühjahr – da ist es bis zum Spätsommer noch weit her. Da gerät so einiges nur allzu leicht in Vergessenheit. Wie gut, dass vor ein paar Tagen das Erinnerungsmail kam: „Wir putzen und räumen gemeinsam am 10.09.2016!“

Jetzt gibt es kein Zurück, auch wenn das Wetter nochmals den Hochsommer am Teller präsentiert. Ich kann Bodo zum Mitmachen animieren – er glaubt, dass er wie sonst auch seine Fähigkeiten am Computer unter Beweis stellen wird können – weit gefehlt!

Als wir uns angemeldeterweise erst um 12:00 Uhr einfinden, sind einige Personen schon heftig am Werkeln und Schwitzen, ein bisschen unkoordiniert erscheint uns. Aber Gerald hat alles im Griff, führt mich in die Sakristei zu den Frauen und behält Bodo bei den starken Jungs. Dort werden dann Bizeps, Hände und Rücken zu Spitzenleistungen herausgefordert! Das nicht unkleine Pfarrhaus wird mehr oder weniger auf den Kopf gestellt. Vom Dachboden – Bodo berichtet begeistert: ausbaufähig!!! – werden z.B. schwere Steinplatten zum Entsorgen nach unten bis auf den Platz und in einen Container geschleppt. Kästen werden von A nach B getragen und auch uralte Taufbücher sollen neu einsortiert werden. Und da ist dann auch Bodo bald ordentlich durchgeschwitzt! In der Mittagspause schlingt er dann auch hungrig einen Teller Spaghetti Bolognese hinunter.

Auf mich wartet hingegen eine beinahe meditative Tätigkeit. Da in der Sakristei schon zu viele Frauen am Aus- und Neusortieren sind sowie am Putzen der Fenster, wird mir aufgetragen, die Wachsflecken hinter und rund um den Altar zu entfernen – mit einem alten Bügeleisen und Zeitungspapier! Bis auf eine andere ältere Frau, die sich um den Glanz der Kirchenbänke kümmert – in einer halsbrecherischen Schief- und Liegelage -, ist sonst niemand in der Kirche. Ab und zu ein paar Touristen, ab und zu Bodo. Ich krieche auf den Knien, schaue gegen das Licht, um die Wachsflecken zu entdecken, meistens ist ein sanftes Drüberstreichen über den kühlen Stein aber zweckmäßiger. Das Bügeleisen quält sich, zum Glück habe ich einen starken Daumennagel. Immer wieder kommen Frauen aus der Sakristei oder sonstigen geheimen Verstecken vorbei, von denen ich in kurzen Statements gelobt bzw. mit Ratschlägen versorgt werde. Eine meint zu meiner knieenden Tätigkeit: „Das sind deine Stufen in den Himmel“ – schön wär´s!

Wenn man aber, so wie ich, gerade dem Boden näher ist als dem Himmel, sieht man auch den Dreck, der sich über die Sommermonate (und länger?) angesammelt hat. Also greife ich nach dem Bügeln zum großen Besen und beginne hinter dem Altarbild mit dem Auskehren. Und da kommt viel zum Vorschein! Vor allem tote Fliegen. Als ich dann nach mehrmaligem Hin- und Her-Fegen endlich vorne beim Altar angelangt bin, tropft auch mir der Schweiß vom Kinn. Was ist da? Noch mehr Wachsflecken? Also nochmals auf die Knie und das Bügeleisen aktivieren! Zwischenzeitlich hat eine andere helfende Hand damit begonnen, die bereits gefegten und damit vorgesäuberten Flächen nass aufzuwischen. Ich bekomme daher zwar ein bisschen Druck, lasse mich aber von meinem Fege-Rhythmus nicht abbringen. Das große Kirchenschiff und die beiden Seitenschiffe müssen systematisch gereinigt werden!

Es ist bereits 16 Uhr – und ich habe noch ungefähr ein Drittel vor mir. In der kleinen Kapelle wird eine Gnadenhochzeit (= 70 Jahre Ehe!!!) gefeiert – und dazu erklingt dann wunderschön das „Ave Maria“!

17 Uhr – fertig! Meine meditative Reise durch einen wunderschönen Raum ist zu Ende. Gedacht habe ich an sehr wenig, auch kaum gebetet, ich habe einfach die Ruhe in mir selbst genossen! Und der Steinboden freut sich strahlend über die ausgiebigen Streicheleinheiten.

18 Uhr – die Arbeiten werden allgemein beendet. Nicht überall ist man fertig geworden, aber dieser Tag hat zu einem wunderbaren Zueinander und Miteinander geführt, egal, ob im 3. oder 4. Bezirk ansässig. Schweinsbraten und Knödel haben wir dann zwar ausgelassen, aber das Bier hat gut geschmeckt!

Beim nächsten Mal sind wir wieder mit dabei!

Beflügelt wie eine rosarote Nachteule

Sommerzeit und Großstadt – das bedeutet neben meinen „geliebten“ Menschenmassen ebenso viele Baustellen auf den Straßen – die einen beleben unsere heimische Wirtschaft, die anderen machen unsere Stadt wieder sicherer im Straßenverkehr. Quasi vor unserer Wohnung werden seit ein paar Wochen die Gleisanlagen der Straßenbahnlinie erneuert – und das meistens nachts! Ganz schön lustig, wenn um 23 Uhr die Presslufthammer zum Leben erwachen und um 3 Uhr nachts noch immer Party feiern. Da kann es dann schon vorkommen, dass aus den paar Bettstunden nur wenig erholsamer Schlaf herauszuholen ist. Mit müdem Auge schleppt man sich dann ins Bad und später in die Arbeit. Auch dort müssen die Lider-Muskeln schwerste Haltearbeit leisten.

Wenn man so wie ich vollkommen koffein-frei lebt und auch stilles Leitungswasser kein Prickeln auf der Haut mehr erzeugen kann – was soll man tun? Was hilft, den Tag zu überstehen?

Aus einer hellseherischen Eingebung heraus habe ich mir vor einigen Wochen, als ich mich extrem schlapp gefühlt habe – das war vor der Eisentabletten-Kur – eine Dose Redbull light gekauft und dann im Kühlschrank deponiert – für den Fall der Fälle. Vorgestern war es dann soweit – Durst, Müdigkeit und aus Ermangelung an anderen Getränken heraus wurde ich schwach und habe es gewagt, die Dose zu öffnen!

Der erste Schluck – und ich wollte schon aufgeben, weil mir dieser „gummibeerliche“ Geschmack doch ein wenig schwer über die Zunge ging. Wegschütten oder Aufheben oder Augen zu & Austrinken? Lebensmittel werden bei mir selten weggeschmissen. Redbull ohne Kohlensäure ist eher auch ein Graus – also rein mit dem Saft!

Und wo sind jetzt die Flügel?

Ich gehe ins Fitness-Studio, unterrichte dort meine 2,5 Stunden – keine merklich spürbaren Nebenwirkungen; ich bin zwar nicht mehr ganz so müde, aber das mag auch an der Bewegung liegen.

Ich gehe heim, und der restliche Abend verläuft wie sonst auch.

Ich gehe kurz vor 23 Uhr ins Bett, um meine 6 Stunden Schlaf zu bekommen – aber dann:

… dann geht´s los: mein Gehirn ist wie unter Strom, Gedankengänge fetzen durch meinen Schädel: Beruf, eine Yogastellung, an der ich gerade kiefle, und und und … an Schlaf ist nicht zu denken! Ich könnte glatt auf einen Sprung runter auf die Straße gehen und mich zum Presslufthammer gesellen, so quirlig fühle ich mich. Im Morgengrauen ebbt dieser Zustand einer losgelösten Nachteule dann zwar etwas nach, den Rest des Energieschubs nehme ich mit zum Laufen und mit in die Arbeit. Erst nach mehr als 24 Stunden dieser Koffein(über)dosis bin ich wieder „clean“ … und falle nach zwei unruhigen Nächten wieder einmal in einen tiefen Schlaf.

Das wird wohl ein einmaliges Erlebnis gewesen sein!