Gar nicht selbstverständlich!

Passend zum Frühstücks-Kaffee, -Tee, -Buttersemmerl, -Müsli, -Smoothie, … ein kleiner Gedanke zum kurzen Innehalten und Austreten aus der tagtäglichen Selbstverständlichkeit:

Es ist Winter. Eine Kältewelle rollt heran. In Wien hat es gestern nass-geschneit, in der Nacht fielen die Temperaturen auf Minus 5…6 Grad und die nassen Tropfen wurden zu einem fluffig-flutschigen Weiß, das aufgrund heftiger Windböen eigenartige Muster auf den Gehwegen und Straßen zeichnete.

Und doch: Als ich heute Morgen um 5:30 Uhr durchs Stiegenhaus hinunterlief, um dem Wetter zum Trotz joggen zu gehen, lagen auf den Fußmatten wie an jedem Wochentag die abonnierten Tageszeitungen – unzerknittert, trocken, bereit für den Leser / die Leserin – ganz selbstverständlich!

Gar nicht selbstverständlich, finde ich! Denn, wenn man kurz zurückspult, sehe ich folgende Filmszenerie vor mir: Männer aller Altersklassen, die aufgrund ihrer Herkunft weitaus wärmere Temperaturen gewohnt sind, in meistens ziemlich abgetragenen und zu dünnen Winterjacken, auf klapprigen Rädern ohne Gangschaltung und ohne Beleuchtung, schlittern über den rutschigen Gehsteig (weil die Hausbesorger noch nicht ihrer Winterdienstverpflichtung nachgegangen sind), bleiben trotzdem irgendwie in Balance, stoppen bei jeder Haustüre, huschen ins Haus, (spucken dann meistens den Rotz im Foyer aus), freuen sich kurz, wenn es einen Aufzug gibt oder laufen keuchend hinauf bis ins oberste Geschoss, wenn es für den Einbau eines Aufzugs nicht genügend Platz in der Stiegenspindel gab, deponieren die Zeitungen vor der richtigen Wohnungstür und eilen weiter, zur nächsten Fußmatte, zum nächsten Haus, denn mit Sicherheit muss ein knapp bemessenes Zeitfenster eingehalten werden – ich nehme an, dass spätestens bis 6:30 Uhr alle Zeitungen ausgetragen sein müssen.

So selbstverständlich ist es daher nicht, dass es zum Frühstücks-Kaffee, -Tee, -Buttersemmerl, -Müsli, -Smoothie, … auch eine tagesaktuelle Lektüre gibt – auch wenn diese nur so strotzt vor Negativ-Schlagzeilen! Eigentlich paradox, dass man sich schon am Morgen bewusst die Laune verdirbt, nur um informiert zu sein? Wäre es nicht sympathischer, mit einem Witz oder einer positiven Geschichte in den Tag zu starten?