Spielerische Aufmerksamkeit im Flow

Ich habe eine lange Bücherliste bekommen – nein, nicht für Bücher, die einem das Gruseln lehren oder erotische Pseudophantasien verklickern, sondern in Vorbereitung für meine für dieses Jahr geplante yogische Weiterbildung. Als ich die beim Thalia bestellten Bücher abholen komme, hat das nette Fräulein am Info-Desk einiges zu tun – am Schluss geht dann noch ein Buch verloren, das dann aber glücklicherweise doch noch auftaucht – in all dem vermeintlichen Chaos besteht also doch tatsächlich eine durchdachte Ordnung. Mir wird ein strapazierfähiger Stoffbeutel geschenkt – das Tragen bleibt an meinen Schultern hängen.

Wie bei jedem neuen Buch wird natürlich große Neugierde entfacht: was werden mir die vielen Buchstaben, zu Wörtern, Sätzen und Kapiteln zusammengefügt, wohl mitteilen? Werden es ein adrenalinausschüttender pageturner sein oder doch eher ein harter Polster fürs powernapping zwischendurch?

Mit welchem Buch soll ich anfangen? Ich lasse Bauch und optischen Eindruck entscheiden – und greife im Morgengrauen zum im Format kleinsten, mit leuchtend gelb-orangem Einband und relativ großen Buchstaben – die Einstiegsdroge ist fertig gemixt!

Der Autor hat einen unaussprechlichen Namen – aufgrund seiner Werke wird der Wissenschaftler nur „Mr. Flow“ genannt – das Buch daher – wer hätte daran gezweifelt? – „Flow – Der Weg zum Glück“. Also wieder ein Ratgeber mit guten Tipps, die aber so lebensfremd sind, dass das einzige Glück darin besteht, das Buch sehr schnell in der hintersten Regalecke verschwinden zu lassen? Ich beginne daher mein Studium mit einem gewissen Grad der Skepsis. Diese Skepsis verflüchtigt sich aber bereits nach den ersten Absätzen des Vorworts. Zum einen spricht mich der Schreibstil an, da in easy understanding und written with flow gehalten, zum anderen – und wesentlichen Teil – sind es einzelne Wörter, Sätze, die ich spontan mittels gelbem Leuchtmarker noch mehr zum Strahlen bringe. Und diese mich berührenden Einzelgedanken, die doch zu einem Ganzen zusammenfließen, erfahren hier von mir eine unter Umständen neu interpretierte Rezeptur:

  • Gestalte dein ganzes Leben als einen Lebenstanz, als einen Tanz rund um dein Leben und mit deinem Leben. Indem du dich stets drehst und wendest und in Bewegung bleibst, wird sich alles um dich herum und du dich selbst stetig verändern – in kleinen, kaum spürbaren Nuancen oder um 180 Grad, leichtfüßig oder mal schon auch schweißtreibend.
  • Dein Tanzpartner ist die Aufmerksamkeit, die darüber wacht, dass durch eine deiner Bewegungen etwas anderes bewegt wird – nach Möglichkeit soll dieses Anstupsen natürlich zu etwas gutem führen.
  • Dein Tanzstil soll ein Repertoire an spielerischen Elementen aufweisen, sodass nie Langeweile aufkommen kann, dein Tanz immer spannend bleibt und jeder nächste Schritt von deiner Phantasie eingeleitet wird – aber sei aufmerksam dabei, dass du nicht stolperst (… diesen Tipp gebe ich gerne aus eigener allzu schmerzhafter Erfahrung weiter, zumal mich heute früh beim Laufen aufgrund witterungsbedingter Untergrundbeschaffenheit ein unbedachter Schritt recht schmerzhaft aufs Eis geworfen hat … ich glaube, der Flow, den ich da in dieser Sekunde des Fallens und vor allem Aufpralls hatte, hat mit dem Flow als Weg zum Glück nichts gemein – obwohl: habe ich nicht Glück gehabt, dass ich außer einem blauen Fleck in der Größe eines Untertellers und einem zu höchsten Graden beleidigten Ellenbogen keine weiteren, ernsthafteren Blessuren davon getragen habe?)
  • Du musst kein Dancing Star sein, um  spielerisch durchs Leben tanzen  zu können. Du tanzt in deinem persönlichen Rhythmus und im Takt deiner Musik!
  • Sei fokussiert im Moment, lasse aber auch wieder los – es gibt schließlich so vieles zu entdecken! Kleine Kinder, wie meine Nichte, sind da regelrecht zu beneiden: Alles ist neu und spannend. Jede für uns Erwachsenen kleinste Banalität ist für so ein junges Geschöpf ein Mirakel.
  • Empfinde Freude und Genuss, indem du dich selbst erkennst.

Zu guter Letzt ein wunderbarer Spruch:

„Handle immer so, als würde die Erlösung des Universums von deiner Handlung abhängen. Und lache dabei immer über dich selbst, nämlich darüber, dass du zu glauben meinst, du könntest mit deinem Tun überhaupt etwas bewirken!“

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