Stell dir vor, der Strom macht blau!

Nachrichten der letzten Tage sprechen darüber, dass der starke Schneefall starke Bäume und damit  Oberleitungen in die Knie gezwungen hat. Deshalb sitzen einige Tausend Menschen im Dunkeln und frieren. Das bringt mich ins Grübeln:

Stell dir vor, der Strom macht blau!

Stell dir vor, der Strom hat ein Burn out.

Stell dir vor, der Strom nimmt sich ein Sabbatical.

Stell dir vor, der Strom hat genug von schlecht bezahlter Arbeit und geht in Streik.

Stell dir vor, der Strom wandert aus.

Stell dir einfach vor, dass der Strom plötzlich nicht mehr da ist. –

In unserer verwöhnten Gesellschaft ein Fiasko!

In der Früh kommt nur kaltes Wasser aus dem Duschkopf.

Dir bleibt nur eine Kaffeebohne, an der du kaust, um dein Koffein-Depot aufzufüllen. (Es ist nicht ratsam, luftdicht verschweißte Nespresso-Tabs mit den Zähnen aufzubeißen und sich das schwarze Pulver über einen Strohhalm in die Schleimhäute zu ziehen.)

Das Laufband im Fitness-Club bleibt stumm.

Das Vitamin D versteckt sich in der dunklen Solarium-Kapsel.

Elektro-Autos sind out, noch bevor sie den Status It-Car erringen konnten.

Du beißt dir die Zähne an der Tiefkühlpizza aus, und in der Mikrowelle herrscht nur eine laue Brise.

Du kannst dein Handy / Smartphone nicht mehr aufladen und bist ohne App handlungsunfähig.

Du bist abgeschnitten von Facebook, Skype, Google, … – die worldwideweb-community versinkt in der Steinzeit.

Zalando, Amazon und andere Online-Shops verlieren ihre KundInnen.

Die Konsequenzen?

Deine Haut wird zwar rot, aber straff, denn je kälter es an deiner Körperoberfläche ist, desto mehr ziehen sich die Fettzellen im Inneren zusammen.

Du spürst den reinen Geschmack, klaren, kalten Wassers und fühlst dich nachhaltig erfrischt.

Bewegung an der frischen Luft beansprucht jeden Muskel und kräftigt nebstbei auch deine Sinne.

Du entwickelst eine gewisse Demut gegenüber unserem lebensspendenden Feuerball.

Du entstaubst dein altes Fahrrad oder gehst doch zu Fuß.

Du füllst deinen Magen mit den Früchten der Natur und gehst sorgsamer mit diesen Gaben um.

Du nimmst die Personen in deiner unmittelbaren Umgebung, in deiner Nachbarschaft und sprichst (!) – du hörst deine eigene Stimme, und dein Daumen streichelt wieder über Wangen anstelle über Buchstabentasten.

Unsere Welt wird wieder kleiner; der Mikrokosmos wird ganz groß.

Wir haben alles, was wir brauchen.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht, denn es gibt gewichtige, übergreifende Gründe, warum ein Strom-Aus Gefahr für Leben und Gesundheit bedeuten würde: Operationen könnten nur mehr mit Unterstützung von Notstromaggregaten durchgeführt werden. Lebenserhaltende Maschinen würden das Gegenteil bewirken. Der öffentliche und der individualisierte Verkehr würden zum Erliegen kommen. Die Weltwirtschaft würde zusammenbrechen, weil das Schreien der Broker ohne Echo bliebe. Und weil der Mensch ja evolutionsbedingt immer einen Fussel Böses in sich trägt, würde Gewalt unbeschwert durch die Straßen ziehen können.

Lieber Strom!

Lass dich nicht von weißen Schneemassen, dicken Ästen und sonstigen Hindernissen zu Fall bringen. Wir halten deine Lei(s)tung hoch und versuchen, dir dein Leben so angenehm wie möglich zu machen.

Lieber Strom: lass mich nicht allein!

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