Der Ausflug

Wir hatten in der letzten Zeit echt viel Stress im Büro. Besonders eine liebe Kollegin hat sich zum Thema Bemusterung von Möbelstücken echt ins Zeug gelegt. Deshalb wohl hatte sie die Idee, dass die Mädels aus dem office – so sie denn möchten – gemeinsam am frühen Nachmittag die heiligen Stätten von Emails, Besprechungen und Protokoll schreiben zu verlassen, um berufliche (und private) Gesprächen in einer frauenspezifischen Atmosphäre weiter zu führen. Nein, wir sind nicht im Spa abgetaucht (wobei das eigentlich auch keine schlechte Idee gewesen wäre), sondern Richtung Neusiedler See entschwebt, um im Outlet unsere Sorgen in Klamotten umzutauschen. Ich muss gestehen, dass es mir nicht ganz so leicht gefallen ist, den Computer herunter zu fahren. Dem gegenüber stand aber der social-factor, den Kolleginnen auch mal zu zeigen, dass ich außer Arbeitsbiene auch ein „Kumpel“ bin. Und dank meines ausgezeichneten Zeitmanagements musste ich nichts Schwerwiegendes zurücklassen. So let it be! Außerdem, wann komme ich sonst in den Genuss, das mir nur überfüllte Outlet in Parndorf einmal unter der Woche kennen zu lernen, wo es so verdächtig ruhig ist, dass der Verkäufer beim Gucchi krampfhaft überlegt, welche Schuhe mir passen könnten und die Mädels bei Liebeskind Berlin mir ein Gläschen Sekt-Orange anbieten wollten (abgelehnt, weil derzeit ohne Alkohol unterwegs … Ihr wisst: die berühmten 40 Tage, die eigentlich weit mehr Tage sind …). Schon am Parkplatz trennte ich mich von den vier Ladies, denn zum Esprit wollte ich nicht. Dafür 4 Geschäfte weiter: ein blitzblauer leicht glänzender Hosenanzug mit Krokoprint von Frieda & Freddie New York! Rein ins Geschäft, die Hose auf Anhieb in der richtigen Größe, der Blazer dann doch eine Nummer kleiner; nichts kneift am Hintern, meine Oberschenkel und Waden schmiegen sich an den weichen Stoff – gebongt. Eigentlich hätte ich mich mit dieser Beute ruhig in die Sonne setzen können. Aber wo ich schon mal da bin – habe ich nichts weiter gefunden als 2 T-Shirts und ein Sport-Shirt (das ich grad eben bei einem 110 Minuten Abendlauf (was ganz Unübliches für mich, wo ich doch ein Early Bird bin, aber ich war heute schon um 7 Uhr im Büro .. also doch ein bisschen schlechtes Gewissen beruhigen?) Verwunderlich: keine Schuhe. Bei kurzen Boots in leicht glänzendem Braun und einem sackartigen Stricküberwurf – reduziert auf € 20,- – wäre ich fast noch schwach geworden, aber ein bisschen Vernunft ruht dann doch in meiner Brust!

Auch die anderen haben schöne Beute erjagt: Seidenkleid (wahnsinnig runter reduziert) bei Windsor und Burberry-Kurz-Trench (regulär ein Vermögen / reduziert eigentlich noch immer, aber die Freude war und ist riesig!) Ausklingen ließen wir den Abend in der Mole West am Ufer des Neusiedler Sees mit einem tollen Fenster-Platz und lauschiger Abendstimmung. Unsere Gespräche sehr heiter bis sehr ernst.

Abgesehen von meinem persönlichen Erfolg (wann ziehe ich den Anzug das erste Mal an?) war dieser Ausflug irgendwie Kraft gebend. Ob es am schönen Sonnentag lag oder an der Null-Hektik oder einfach, weil ich mal ein bisschen „Freiheit“ schnuppern durfte, kann ich nicht sagen. Es war sehr nett mit den Mädels!

Der Pelz nimmt Reißaus

Einen Tag vor dem letzten Vollmond im Winter 2013/14 führten mich eilige Schritte zum Friseur, denn nach gut 12 Wochen Haarwucherei standen meine Locken mit finsterem Kringel zur Seite und am Haaransatz schimmerte es fein silbern durch – und das nicht nur bei Mondschein. Schon seit einiger Zeit schlummerte in mir der Wunsch nach „wieder kurz“, wobei das bei mir relativ zu werten ist, haben meine Haarspitzen denn noch die meine Schulterblätter auch nur annähernd berührt. Mit einem Foto aus jüngeren Tagen (von vor ca. 6 Jahren halt) in der Tasche versuchte ich meiner Friseuse J. klar zu machen, dass sie da mal ordentlich zur Schere greifen muss – was sie dann auch tat, anfangs vielleicht ein wenig zaghaft, dann aber mit zunehmendem Mut. Dass die Haare dann im trockenen Zustand noch mal um eine Oktav raufspringen, hat sie vielleicht nicht so ganz durchdacht.

Daheim habe ich dann nicht unbedingt die anerkennenden Worte gespendet bekommen, die frau so dringend braucht, wenn sie frisch vom Friseur kommt und auch nicht so ganz sicher ist, ob das jetzt so ganz genau so geworden ist, wie im Traum erhofft. Die erste Zeit nach dem Friseur ist bei mir immer die schrecklichste. Das Haar duftet zwar fein und überall sind feine Rest-Härchen verstreut. Aber es besteht so eine Art Rest-Zweifel. Schau ich jetzt besser aus als vor dem „Eingriff“. Nun ja, die grauen Haare sind wegretouchiert, das ist schon mal ganz wichtig. Und da meine Locken sowieso im Laufe des Tages sich mehrfach überlegen, überdrehen und machen, was sie wollen, ist der Schnitt beinahe nebensächlich. Außerdem haben Haare eine ganz wesentliche Eigenschaft: sie wachsen nach!

Ich fühl mich jedenfalls ganz wohl – so, wie es jetzt ist. Frecher um die Ohren, frecher im Nacken, mit oder ohne Haarband zu tragen.

Komisch war, dass in der Zeit, wo ich mich mit der Haarpaste am Kopf unter der Hitzehaube fadisierte, auch einige andere Frauen mit dem dringenden Wunsch kamen: der Pelz muss weg – mit einem Wort: wenn der Frühling Einzug hält, muss der Winter Haare lassen!